RE Classic 350 Modell 2023

Meine Royal Enfield Classic 350, Baujahr 2023
Wendepunkte im Leben
Nach einem schweren Arbeitsunfall in 2020 hatte ich bei über 30 Grad im 7. Stock eines Krankenzimmers viel Zeit zum Überlegen, Nachdenken und Pläne schmieden für die Zeit nach dem Krankenhausaufenthalt. Einer meiner Pläne war der Kauf eines weiteren Motorrads. Motorräder sind seit meinem 16. Lebensjahr meine große Leidenschaft.
Das es nochmals gut 4 Jahre bis zum nächsten Motorrad dauern würde, konnte ich damals noch nicht ahnen. Ich war jedenfalls froh, beim Unfall nicht den Löffel abgegeben zu haben. Aber die Folgen waren doch recht heftig. Meine Arbeitsfähigkeit ist komplett auf der Strecke geblieben; vieles ging körperlich einfach nicht mehr.
Dazu kamen bis zu 20 "Flashbacks" am Tag, die eine Traumatherapie nötig machten. Die Erinnerungen an den Unfall kamen wie aus heiterem Himmel immer wieder zurück. Das war ein Gefühl, als wenn einen ein Raubtier von hinten aus dem Gebüsch anspringt. Erst habe ich noch gelacht, als man mir das mit der Therapie aus medizinischer Sicht dringend angeraten hat. Aber dann wurde der Leidensdruck so groß, dass das einfach nicht mehr anders ging. So leben wollte ich auch nicht mehr. Gelernt habe ich in der Traumatherapie für mich, dass das Gehirn sich nicht austricksen läßt.
Nach der Entlassung aus dem Krankenhaus und Traumatherapie ging ich monatelang heimlich immer wieder in meine Garage und versuchte, auf meine Honda CBF 600 zu kommen. Jedesmal standen mir die Tränen in den Augen; es ging einfach nicht mehr. Bin eigentlich eine "harte Socke", aber dieser Unfall hat mich komplett körperlich und mental völlig aus der Bahn geworfen. Praktisch von heute auf morgen zum Invaliden; nicht schön. Nur meinen Galgenhumor habe ich nicht verloren.
In mehreren Operationen hat man meinen Körper genagelt, getackert, geschient, genäht und geklebt, was das Zeug hält. Zusätzlich wurden mir einige Helferlein aus Metall spendiert. Dann gab es noch eine Therapieform, die sich "passive Therapie" nannte. Kannte ich vorher auch nicht. Im Klartext: Es wird nix gemacht, der Körper muss das irgendwie selbst richten. Und das hat echt lange gebraucht...
Neue Ziele
Ich brauchte schon immer "Mopedfahren" als Therapie für den Kopf. Das Projekt "neues Motorrad" konnte gesundheitsbedingt erst wieder im Frühjahr 2024 in Angriff genommen werden. Es hat also ewig gedauert, bis mein Körper wieder halbwegs alltagstauglich wurde.
Erst habe ich mich für eine Honda VFR 1200 F interessiert. Dieses Bike fand ich vom Design her immer schon "geil". Und die Endgeschwindigkeit von jenseits der 230 km/h haben mich auch angesprochen.

Habe lange hin und her überlegt, ob ich mir diese Rakete von Honda wirklich holen sollte.
Dann habe ich mich aus Gründen der Vernunft bewußt gegen das Rennpferd entschieden. Schließlich habe ich 4 Jahre zuvor vom lieben Gott eine 2. Chance fürs Leben bekommen. Der Schutzengel h
Vielleicht eher genau das Gegenteil: Nichts schnelles mehr. Vielleicht ein altes Motorrad, wie man in den 60er-Jahren hatte. Oder noch älter? Auf Basteln und schrauben hatte ich nun gar keine Lust. Und mit Blick auf den Preis echter Oldtimer wie von Bmw blieb mir die Spucke weg, so teuer waren alte Bikes. Nee, das war überhaupt nicht meine Welt...
Zufallsfund im Internet
Beim Durchstöbern von Mobile.de habe ich teilweise auch nach dem Begriff Customizing gesucht. Dabei fand ich zuerst eine Honda CB750, die zum Caferacer umgebaut war. Der Preis war mit 8.800 Euro für eine so alte Honda nicht mein Ding. Aber schick sah sie schon aus.
Dann stolperte ich über eine Bullet Trial von Royal Enfield. Direkt darunter befand sich bei Mobile.de eine Royal Enfield Bullet 500 EFI. Die war optisch betrachtet schon eher mein Geschmack. Leider gab es diese 500er Bullet nicht mehr neu, weil sie der Euro-5-Abgasnorm zum Opfer gefallen ist. Aber da gab es noch so ein Nachfolgemodell mit einem 350er-Motor. Sah fast so ähnlich aus, hat Euro-5, sogar ABS und man konnte es nagelneu kaufen.
Motorradhersteller Royal Enfield? Wer ist das denn??
Bis dahin hatte ich noch nie so richtig etwas von Royal Enfield wahrgenommen. Und ich fahre schon 50 Jahre Mopeds. Mein Stand war, dass es so eine asiatische Motorradmarke mit Hinterhofimage war, die massenhaft einfache und billige Zweiräder in Indien baute. Außerdem hatte ich noch im Hinterkopf, dass das früher mal etwas mit britischen Motorrädern und dem 1. oder 2. Weltkrieg zu tun gehabt haben soll.
Dank Google und YouTube beschäftigte ich mich in den Folgewochen genauer mit dieser Marke . Das war eine beeindruckende Erkenntnis. Royal Enfield ist der älteste Motorradhersteller der Welt und hat eine sehr wechselvolle Firmengeschichte hinter sich. Zahlreiche Höhen & Tiefen gehörten dazu.
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Die Welt veränderte sich in vielen Jahrzehnten; die Menschen wollten nach dem 2. Weltkrieg immer öfters bequeme Autos fahren, zahlreiche etablierte Motorradhersteller kamen unter die Räder und verschwanden bis heute vom Markt. Royal Enfield aber blieb.
Warum? Weil der richtige Mann zur richtigen Zeit die richtigen unternehmerischen Entscheidungen getroffen hat. Auch das hat mich angesprochen.
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Royal Enfield Classic 350
YouTube Videos zu diesem Motorradmodell
Ich habe mir dann jede Menge YouTube-Videos zur Enfield Classic 350 angesehen. Bereits bei einer der ersten Recherchen zur Classic 350 reborn habe ich folgendes Moped bei YouTube gefunden (siehe Screenshot).
Es hat mich direkt von der Optik her angesprochen und zwar lange, bevor ich es mir beim örtlichen RE Motorradhändler in Melle angesehen habe. Der Kanalbetreiber Marc hat jede Menge Videos über seine Royal Enfield Classic produziert und diese bei YouTube eingestellt.
Hier konnte ich erstmalig sehen, was man aus dem 350er Royal Enfield Modell so alles machen kann. Das war überaus interessant zu sehen, was technisch und optisch geht und was eher ein totaler Fehlschlag war.
Vor allem beim Thema Tuning habe ich aufmerksam hingesehen. Dieses 350er Modell von Royal Enfield bringt es nämlich nur auf magere 115 Km/h und eben nicht mehr. Auch andere Kanalbetreiber bei YouTube haben weitgehend ähnliche Erfahrungen gemacht.
Hinzu kommt: Wenn es um technische Veränderungen geht, die Betriebserlaubnis auf dem Spiel steht. Das ist die eine Seite, die andere der Verlust des Versicherungsschutzes. Nur um eventuell eine minimal höhere Geschwindigkeit zu erzielen, war das meistens eine kostspielige Angelegenheit mit unsicherem Ausgang.
Hätte ich mir die Erfahrungen anderer Royal Enfield Besitzer nicht angesehen, hätte ich es wohl auch selber versuchen wollen.
Royal Enfield Kauf
Also nach dem Anschauen aller Videos aus dem YouTube-Kanal von Marc war meine Entscheidung endgültig getroffen.
Es sollte die Classic 350 reborn von Royal Enfield aus Indien werden.
Ich war schon in Melle beim RE Händler und habe mir die rote und bronze Version der Classic angeschaut. Meine Wahl fiel auf das Classic Modell in Bronze. Abends nochmals bei Mobile.de geschaut, wie die marktüblichen Preise aussehen.
Was sehe ich da? Da steht genau dieses Motorrad aus dem YouTube-Kanal von Marc zum Verkauf.
Hab es sofort an den Bildern und der Umgebung in Berlin erkannt. Die Aufnahmen kannte ich bereits aus seinen Videos.
Zwei Stunden später habe ich den Verkäufer kontaktiert und mein Interesse bekundet. Einen Tag danach kam der ADAC-Kaufvertrag per Mail. Schickte ihn unterzeichnet zurück und leistete eine Anzahlung von 50 Prozent der Kaufsumme. Somit war der erste Teil der Aktion abgeschlossen.
Classic 350: Abholung in Berlin
Einen passenden Übergabetermin zu finden war nicht ganz einfach. Die gebrauchte Royal Enfield sollte zugelassen übergeben werden. Im Kaufvertrag wurde vereinbart, dass das Thema mit der Ummeldung innerhalb von 1 Woche geschehen sollte.
Leider gehört just meine zuständige Zulassungsstelle zu den lahmsten Behörden in ganz NRW. Und das noch in der Sommerzeit. Per Zufall gab es einige Absagen bei der Terminvergabe und mein Termin konnte gegen einen früheren Zulassungstermin getauscht werden. Ansonsten wäre meine Wartezeit bei gut 4 Wochen gewesen. Unglaublich, in einer Zeit wo alles digital laufen sollte, noch solche Wartezeiten!!
Wir sind zu zweit nach Berlin gefahren, haben die Enfield in Empfang genommen, bezahlt, das ganze Originalzubehör ins Auto gepackt und dann ab ins Hotel. Am Folgetag gab es noch einen geschäftlichen Termin mit der Berliner Senatsverwaltung.
Danach ging es viele hundert Kilometer über die Autobahn nach Hause. Dazu aber später mehr.
